Yoga in Zeiten des Corona

Liebe Alle,

Wir hoffen, dass es Euch und Euren Nahestehenden gut geht, dass Ihr beschützt seid vom Virus und von der Panik. Anjali und ich sind zurzeit in Indien, und sind uns nicht sicher, ob wir überhaupt den gebuchten Rückflug mit der Lufthansa am 10. April bekommen. Wir werden wohl hier in den Bergen in Südindien bleiben, bis die Luft wieder klar ist. Vorerst steht für uns: Wir müssen Verantwortung für das Wohlsein von uns und unserer Umgebung tragen. In diesem Sinn versuchen wir uns an Folgendes, was uns als wichtig erscheint, zu erinnern und im Bewusstsein zu behalten:

Die Erhaltung unserer Widerstandskräfte ist ebenso wichtig wie die Entdeckung neuer Medizin. Dazu ist achtsame Ernährung absolut unabdingbar. Ernährung, Aktivität und an dritter Stelle Medizin, sagt nicht nur Ayurveda, sondern auch die Vernunft. Wir versuchen deshalb: Weniger essen, weniger Fettes, Süßes und Saures, den Mund und den Rachenbereich stets befeuchtet halten, indem wir regelmäßig warmes Wasser – manchmal mit reinigenden Kräutern bereichert – trinken. Es ist verantwortungslos seitens der offiziellen Stellen, aber erst recht von uns Yogalehrenden, wenn wir vorbeugende Gesundheitsvorschriften nicht betonen oder gar außer Acht lassen.

Es gibt nicht nur Atemerkrankungen, die zum Tod führen, sondern auch Atemübungen, die helfen können, Leben zu schützen. Mit unserer aller intensiven Schulung und Erfahrung, auf einer feinen Weise mit dem Atem umzugehen, werdet Ihr diese zwei Sätze, die als die wöchentliche Post am Dienstag auf der Yogaweg Facebookseite stehen, verstehen.

Um diese Qualitäten bemühen wir uns bei unserer regelmäßigen Übung.

In solchen Zeiten ist es wichtig, auch ohne die vorgeschriebene Ausgangssperre, uns wenig fortzubewegen.  Wir nehmen uns Zeit fürs Stillsein, fürs Nichtstun, für Muse. Schließlich entsprechen die Fähigkeiten des Rückzugs, zur Stille und zum Alleinsein dem Yoga.

Ohne die Idee des Verzichts hat Yoga kein Tonus. Mag sein, dass Verzicht kein passendes Wort in der modernen deutschen Sprache ist. Aber doch ist plötzlich eine ganze Weltgemeinde bereit, auf vieles zu verzichten, wo die Angst um das nackte Überleben kursiert. Für uns Yogaübende muss diese Bereitschaft in diesen oder anderen Formen immer weiter zum Alltag werden.

Was ist aber unsere größte Herausforderung? Beim Jahrestreffen letztes Jahr hat Anjali eine feurige Rede über die Natur gehalten (noch zu lesen auf yogaweg.de) Für mich ist es auch Zeit, noch einmal – für mich selbst auch – in aller Deutlichkeit die Macht unserer aller Mutter vor Augen zu führen. Wir Menschen pfuschen und fummeln mit der Natur, prakrti grenzenlos und gnadenlos. Das kann nicht folgenlos bleiben. Mehr Zeit für einander und für die Familie ist einfach nicht genug. Das ist nur eine Hilfe, unser individuelles Leben friedlicher und befriedigender zu gestalten. Es muss mehr Zeit sein für die Zuwendung zur und das Zusammensein mit der Natur. Es braucht weder großartige Mystiker wie Franziskus, noch Indianer, noch vereinzelte Wissenschaftler, noch aus dem Osten Yoga, Sufi, Zen oder Tai-Chi, um uns das vor Augen zu führen. Ohne eine Verbindlichkeit und Verbundenheit mit der Materie, prakrti, Natur, Schöpfung, – wie immer wir das nennen wollen – ist unser Yoga hohl.

Vergessen wir nicht: Der Mensch ist als Glied in dieser Vielfalt entbehrlich. Wenn er sich weiterhin als deren hierarchische Spitze begreift bedient er nur die dunklen Seiten seiner Gattung, nämlich die Ignoranz und die Gier.

Zweifellos verfügen wir Menschen über andere Eigenschaften, die uns eine besondere Rolle zuteil werden lassen. Wir können erwägen und uns für das Mitempfinden entscheiden. Ein solches Mitempfinden kann nur aus der Liebe zu der Natur, der Schöpfung erwachsen. Nur so werden wir zum Abbild eben dieser prakrti und erfüllen unsere eigentümliche Verantwortung und Rolle als Mensch.

Mit herzlichen Grüßen

Sriram

————————————————————————-

Die Tonaufnahme ist als Hintergrund gedacht für diese schweren herausfordernden Zeilen!